Sherlock Holmes - The Sign of Four (1987)
Cover

6.12.2009 #474

von Guido Bibra

Titel The Sign of Four (Das Zeichen 4)
Studio Granada Television / ITV (1987)
Hersteller Polyband (2004) EAN 4-006448-751234
DVD-Typ 5 (3,91 GB) Bitrate ø 5,3 max. 8,0
Laufzeit 103:00 Minuten Kapitel 12
Regionalcode 2 (Deutschland) Case Amaray-Klon
Fernsehnorm PAL
Bildformat 1.33:1 16:9 nein
Tonspuren Dolby Digital 2.0 Mono 192 kbit/s Englisch, Deutsch
Untertitel FSK 12
Freigabe MPAA R
Extras • Keine

Der Film

Sherlock Holmes (Jeremy Brett) wird von Mary Morstan (Jenny Seagrove) engagiert, die nach dem Verschwinden ihres Vaters von einem Unbekannten wertvolle Geschenke in Form von Edelsteinen bekommt und eine mysteriöse Einladung erhalten hat. Holmes und Dr. Watson (Edward Hardwicke) begleiten sie und treffen auf Thaddeus Sholto, dem Sohn eines Offiziers, der zusammen mit Miss Morstans Vater in Indien gedient hatte. Sholto beichtet ihr den Tod von Colonel Morstan und erzählt von einem sagenhaften Schatz, den sein Vater vor seinem eigenen Tod ihm und seinem Bruder anvertraut hat...

 


The Sign of Four ist die zweite von nur vier Geschichten in Romanlänge aus Arthur Conan Doyles insgesamt sechzig Erzählungen über den viktorianischen Meisterdetektiv Sherlock Holmes. Obwohl es sich um eine der kompliziertesten und verworrensten Geschichten des Holmes-Kanons handelt, gibt es eine zweistellige Anzahl von Verfilmungen des Stoffs, von denen zwei Fernsehadaptionen zu den besten Versionen gehören - die amerikanisch-britische Co-Produktion von 1983 mit Ian Richardson und die 1987 entstandene Fassung mit Jeremy Brett, die zum hundertjährigen Jubiläum der ersten Veröffentlichung von Arthur Conan Doyles Geschichten gedreht wurde.

Der 100. Geburtstag


1986 hatte Granada Television im Auftrag des britischen Privatsenders ITV bereits zwanzig Kurzgeschichten verfilmt und ursprünglich war geplant, bis Ende 1987 noch zwei Spielfilme und vier weitere Episoden zu drehen. Hauptdarsteller Jeremy Brett hatte jedoch nach dem tragischen Tod seiner Frau einen Nervenzusammenbruch erlitten und kämpfte mit Depressionen und einer Herzkrankheit - das machten diesen Plänen einen Strich durch die Rechnung, aber das Produktionsteam setzte auf eine Genesung des Schauspielers, weil eine Umbesetzung nicht in Frage kam. ITV wollte jedoch zum Jubiläum von 1987 einen besonderen Beitrag leisten und entschied sich gemeinsam mit Granada bis Ende des Jahres die Produktion wieder aufzunehmen und mit einem zweistündigen Spielfilm beginnen.

Ausgewählt für diese Ehre wurde The Sign of Four, weil Drehbuch-Autor John Hawkesworth, der Anfang der achtziger Jahre die Serie zusammen mit Produzent Michael Cox auf die Beine gestellt hatte, schon einige Zeit zuvor eine hervorragende Adaption des Romans fertiggestellt hatte, die nun nur noch auf ihre Verfilmung wartete. Jeremy Brett hatte sich inzwischen so weit erholt, daß im Laufe des Jahres die Vorbereitungen für den ersten Langfilm beginnen konnten. Als Regisseur hatten Michael Cox und die ausführende Produzentin June Wyndham-Davis Peter Hammond engagiert, einen Veteranen der britischen Fernsehbranche, der aber auch schon Kino-Erfahrungen gesammelt hatte und so für den ersten Langfilm von Granadas Sherlock Holmes-Reihe bestens geeignet war.

Sherlock Holmes auf Schatzsuche

Schon bei den Adaptionen der Kurzgeschichten wurde auf eine große Vorlagentreue gesetzt, die sich mit The Sign of Four nicht ändern sollte. John Hawkesworth hatte sich mit seinem Drehbuch eng an Arthur Conan Doyles Roman gehalten und mußte wegen der großzügigen Laufzeit von 105 Minuten keine gravierenden Kürzungen vornehmen. Tatsächlich war sogar genug Zeit, um sowohl die Vorgeschichte als auch die ausführliche Rückblende zum Schluß der Handlung zu inszenieren und nicht nur von den Protagonisten erzählen zu lassen. Zwei notwendige Änderungen wurden allerdings vorgenommen: die Geschichte beginnt nicht mit Conan Doyles recht drastischer Beschreibung von Holmes' Drogensucht, sondern mit einer etwas abgeschwächten Darstellung der Agonie des Nichtstuns, an der der Detektiv sichtlich leidet.

Ein wichtiger Teil des Plots mußte außerdem geopfert werden, weil zu Beginn der Serien-Produktion entschieden wurde, zugunsten der Kontinuität Dr. Watson eine Ehefrau zu versagen. Es ist natürlich die Buchvorlage von The Sign of Four, in der Watson sich in Mary Morstan verliebt und sie später heiratet, aber in der Granada-Version des Holmes-Universum war dies nicht möglich. Immerhin darf Watson im Film zumindest von der jungen Frau schwärmen, aber letztendlich bleibt es dabei und der gute Doktor bleibt gegenüber Holmes' Klientin immer ein perfekter Gentleman.

Besetzung à la Conan Doyle

Inzwischen hatte sich Jeremy Brett auch wieder soweit erholt, daß die Arbeiten an The Sign of Four beginnen konnten. Trotz seiner schweren Krise konnte der Schauspieler zu seiner Paraderolle zurückkehren und einen Sherlock Holmes darstellen, der noch brillianter als zuvor war und nicht nur die positiven Seiten des Charakters zeigte, sondern auch viel Wert auf die Exzentrität des launischen Detektivs legte. Edward Hardwicke hatte die Rolle des Doctor Watson erst seit sieben Episoden von David Burke übernommen, der sich aus familiären Gründen von der Serie zurückgezogen hatte. Die zweite Wahl war der Schauspieler aber keinesfalls, denn er spielte die Rolle auf eine genauso gelungene Weise wie sein Vorgänger, ohne ihn dabei einfach nur zu kopieren.

Eine besonders sorgfältige Auswahl der Nebenrollen war schon zuvor ein großes Markenzeichen von Granadas Sherlock-Holmes-Verfilmungen und auch für The Sign of Four hatten sich die Produzenten viel Mühe gegeben. Mary Morstan wurde mit der britischen Schauspielerin Jenny Seagrove besetzt, die sich seit Anfang der achtziger Jahre als Charakterdarstellerin in anspruchsvollen Dramen wie A Woman of Substance und der Fortsetzung Hold The Dream etabliert hatte. In The Sign of Four spielt sie die viktorianische Damsel in Distress sehr einfühlsam, aber ganz ohne die üblichen Klischees und schließt sich damit den vielen Schauspielerinnen an, die in der Serie die meist ausführlich beschriebenen weiblichen Protagonisten von Arthur Conan Doyle auf hervorragende Weise dargestellt haben.

Die weiteren Charaktere wurden ebenfalls sehr originalgetreu besetzt. Für die Sholto-Zwillinge konnten die Filmemacher den englischen Schauspieler Ronald Lacey engagieren, der hauptsächlich durch seine Paraderolle als Nazi-Bösewicht in Raiders of the Lost Ark bekannt geworden war, aber seine Karriere ursprünglich als Bühnen- und TV-Schauspieler begonnen hatte und auch schon mit Sherlock Holmes bekannt war: 1983 spielte er Inspektor Lestrade in der Verfilmung von The Hound of the Baskervilles mit Ian Richardson. In The Sign of Four spielt er dagegen Thaddeus Sholto als exzentrisches Nervenbündel und trifft haargenau die Beschreibung der Romanvorlage - im Gegensatz zu manchen anderen Verfilmungen ist Sholto hier deshalb kein eleganter junger Mann, sondern ein exzentrischer Sonderling.

Erstaunlich treffsicher ist auch die Besetzung von Jonathan Small, einer von Arthur Conan Doyles interessanteren Antagonisten. Der einbeinige Bösewicht kommt zwar erst in der letzten Hälfte der Geschichte wirklich zur Geltung, hat aber in dieser Verfilmung durch die ausführliche Rückblende doch relativ viel zu tun. Mit John Thaw wurde auch ein richtiger Star der britischen Fernsehbranche ausgewählt, der seit den sechziger Jahren oft in großen Hauptrollen wie in der Polizeiserie The Sweeney zu sehen war und hier mit sichtlichem Genuß auch einmal einen Fiesling spielen darf, aber dabei auch die Hintergründe des Charakters nicht vernachlässigt.

Die polizeiliche Obrigkeit wird genauso wie in der Romanvorlage nicht von dem sonst immer gerne hervorgeholten Lestrade repräsentiert, sondern von Inspektor Athelney Jones, der genau wie von Conan Doyle gedacht wundervoll deftig und humorvoll von Emrys James, einem weiteren englischen Bühnen- und Fernsehveteranen gespielt wird. Tonga, das mysteriöse wilde Wesen, wird in dieser Version der Geschichte nicht ganz so drastisch dargestellt, ist aber mit einer furchterregenden Maske ausgestattet, unter der sich Kiran Shah befindet, einer der meistbeschäftigsten kleinwüchsigen Stuntmen der internationalen Filmbranche.

Granadas grosser Aufwand

Granada hatte für The Sign of Four trotz der knapp bemessenen Budgets der Serie tief in die Taschen gegriffen und zum ersten Mal sogar einer Produktion auf 35mm-Film statt dem sonst üblichen 16mm zugestimmt. Nach zwanzig Episoden im kleinen, kostengünstigen und vor allen Dingen bewährten Format war die Umstellung für die Filmcrew nicht einfach, denn außer völlig verschiedenem Kamera-Equipment mußte auch die Beleuchtung ganz anders gestaltet werden. Kameramann Ray Goode, der schon seit Beginn der Serie dabei war, konnte aber auch im Großformat ein herrlich stimmungsvolles Bild von der viktorianischen Szenerie zaubern, die durch das 35mm-Material diesmal einen noch detailreicheren und realistischeren Eindruck macht.

Die Dreharbeiten beschränkten sich diesmal nicht nur auf die vorhandenen Kulissen der Baker Street, sondern fanden unter anderem auch in einem düsteren Schloß in Norfolk statt. Die Suche quer durch London wurde an geeigneten Schauplätzen entlang der Themse gedreht, die mit geschickten Kameraeinstellungen und einer handvoll gut platzierter Matte-Paintings das viktorianische England hervorragend wiederauferstehen lassen konnten. Mit für die passende Stimmung sorgt auch die melancholische und sogar etwas düstere Musik von Patrick Gowers. Regisser Peter Hammond neigt zwar wie in vielen seiner späteren Filme zu einer etwas akrobatischen Kameraführung, aber er hält sich an den ruhigen und bedächtigen, aber dennoch spannenden Stil, den sich die Serie in den ersten zwanzig Episoden zu eigen gemacht hatte.

Die Jubiläums-Premiere


Ende November 1987 wurde The Sign of Four schließlich bei ITV uraufgeführt und bekam durchweg gute Kritiken und solide Einschaltquoten, die den Fortbestand der Serie sicherten und den Schauspielern und Filmemachern einen besonderen Platz in der Geschichte der Sherlock-Holmes-Verfilmungen gaben. In Deutschland war der Film im Laufe der neunziger Jahre unter dem seltsam übersetzten Titel Das Zeichen Vier bei verschiedenen Privatsendern zu sehen, wobei Jeremy Brett von Michael Narloch und Edward Hardwicke von Werner Ehrlicher in einer noch ganz gut gelungenen Synchronfassung gesprochen wurde.

Von den insgesamt fünf Langfilmen der Granada-Serie blieb The Sign of Four mit einer deutlich aufwendigeren Inszenierung als in den einstündigen Episoden der Beste und war mit einer sehr vorlagengetreuen und sorgfältigen Inszenierung anderen Verfilmungen des Materials weit voraus. Jeremy Brett und Edward Hardwicke, unterstützt von einer Riege exzellenter Nebendarsteller, zeigten auf brilliante Weise, wie sich die Vorlagen von Arthur Conan Doyle verfilmen lassen, ohne dabei das Original zu vernachlässigen.

Die DVD

The Sign of Four wurde bereits 2004 von Polyband gemeinsam mit den vier anderen Granada-Spielfilmen veröffentlicht, als die Serie selbst von Koch Media noch gar nicht erschienen war und es auch noch keine restaurierten britischen DVDs gab. Trotzdem hat Polyband ein ausgezeichnetes Bildmaster bekommen können, das nur wenige Einschränkungen hat. Natürlich ist neben der deutschen Synchronfassung auch die Originaltonspur dabei, aber richtiges Bonusmaterial gibt es keins - dafür ist das Menü- und Coverdesign jedoch sehr gut gelungen. Die DVD ist auch in einem Boxset gemeinsam mit den anderen vier Filmen erhältlich.

Weitere Reviews:
The Adventures of Sherlock Holmes | The Return of Sherlock Holmes
The Casebook & The Memoirs of Sherlock Holmes

Cover

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Bild

Polyband hatte sich offenbar erfolgreich um ein Bildmaster aus England bemüht, das einen ganz soliden Eindruck hinterläßt, aber auch nicht völlig fehlerfrei ist. Das Bildformat ist durch dünne Overscan-Balken an den Seiten minimal schmaler als 1.33:1, aber die Bildkompositionen scheinen auf dieses Format ausgerichtet worden zu sein.

Der Transfer überrascht mit einem sauberen Bild, in dem nur ganz selten ein paar kleine Verschmutzungen zu sehen sind. Die Abtastung scheint neueren Datums zu sein und sieht weniger nach einem alten analogen Videomaster als nach einem digitalen Filmtransfer aus. Die Schärfe ist nicht auf dem allerhöchsten Niveau, aber doch so gut, daß deutlich das 35mm-Quellmaterial bemerkbar ist. Es wurde kein starker Schärfefilter eingesetzt, so daß das Bild einen etwas weichen Eindruck macht, aber trotzdem sehr detailreich ist.

Filmkörnigkeit ist in einer ganz normalen Dosis sichtbar und tritt nur in dunklen Szenen etwas stärker auf, macht aber nie einen störenden Eindruck und sorgt im Gegenteil für ein sehr natürlich und filmähnliches Aussehen. Wirklich negativ fällt nur der manchmal leicht unruhige Bildstand auf, denn bei einigen Schnitten ist ein deutliches Rucken sichtbar und manchmal flattert das Bild leicht - der überwiegende Teil des Transfers ist jedoch sehr ruhig und leistet sich keine weiteren Ausreißer. Auch die Farben sehen sehr natürlich aus, sind aber mit Absicht etwas gedämpft und düster.

Der 103 Minuten lange Film wurde zwar auf einen einzigen Layer mit weniger als 4 Gigabyte größe gequetscht, aber die sehr variable Bitrate, die zwischen 4 und 7 Mbit/s pendelt, sorgt dafür, daß kaum Kompressionsartefakte sichtbar sind. So kann die DVD nicht nur mit einem mehr als akzeptablen Transfer, sondern auch mit einem soliden Authoring aufwarten.

Ton

The Sign of Four wurde 1987 lediglich in Mono abgemischt, weil es zu dieser Zeit in England noch keine Fernsehausstrahlungen in Stereo-Ton gab und eine Kinoauswertung nicht geplant war. Für die deutsche DVD wurden keine Neuabmischungen gemacht, aber sowohl die englische Originaltonspur als auch die deutsche Synchronfassung wurden leicht auf ein künstliches Stereo aufgezogen.

Die englische Originalfassung hat einen soliden, aber unspektakulären Klang, der ungefähr der Qualität entspricht, die man von den Serien-Episoden her gewöhnt ist. Die oft auf dem Set aufgenommenen Stimmen haben einen sehr natürlichen Klang und sind immer gut verständlich. Geräusche und Musik hören sich ebenfalls sehr ordentlich an und können auch mit vernünftigem Baß und Höhen aufwarten, wobei jedoch für eine TV-Abmischung die Dynamik verständlicherweise etwas eingeschränkt ist. Störend wirkt sich hier nur die leichte Phasenverschiebung zwischen den beiden Tonkanälen auf, mit der offenbar ein Stereo-Ton simuliert werden sollte - da dies aber die gesamte Tonspur inklusive Dialoge betrifft, hört sich das sehr seltsam an und führt bei Wiedergabe in ProLogic zu einem Übersprechen auf die anderen Lautsprecher.

Die deutsche Synchronisation kann mit dem Klang der Originalfassung nicht ganz mithalten. Musik und Geräusche hören sich viel lauter und polternder an, während die Dialoge eine sehr sterile Tonstudioatmosphäre haben und die Umgebungsgeräusche viel zu kräftig zu hören sind. Die Dynamik ist so stark eingeschränkt, daß die Tonspur den Eindruck macht durch einen massiven Kompressor gejagt worden zu sein.

Untertitel gibt es leider keine auf dieser DVD, was besonders für nicht-englischsprachige Zuschauer schade ist, die so keine Chance haben zumindest den Klang der Stimmen der viel besseren Originalfassung mitzubekommen.

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